Verstehe, wie Mr. Market Anleger beeinflusst, um erfolgreicher zu investieren

Kennst du eigentlich Mr. Market? Wir glauben schon. Aber eins nach dem anderen. Wer ist denn dieser Mr. Market? 

Mr. Market ist ein Bekannter von dir, der jeden Tag bei dir vorbeischaut. Dabei bietet er dir alle möglichen Aktien zum Kauf an, aber versucht dir auch deine Aktien abzukaufen. Jedes Mal nennt er dir andere Preise. Bei den meisten Preisen würdest du weder kaufen noch verkaufen. Doch der arme Mr. Market hat unheilbare emotionale Probleme. An einigen Tagen fühlt er sich euphorisch und sieht nur noch die positiven Faktoren am Markt sowie bei einzelnen Unternehmen und nennt dir absurd hohe Preise. An anderen Tagen wiederum fühlt er sich depressiv, sieht nichts als Ärger und nennt dir unglaublich niedrige Preise.

Mr. Market hat eine weitere besondere Eigenschaft: Er hat kein Problem damit, wenn du ihn ignorierst. Wenn seine Angebote heute für dich uninteressant waren, kommt er morgen mit neuen Angeboten wieder.

Du hast also jedes Mal die Möglichkeit, die Angebote von Mr. Market erst zu prüfen und dann zu entscheiden, ob du kaufst oder verkaufst. Das bedeutet, je launischer er ist, desto besser für dich, oder? Was gibt es besseres, als Aktien zu kaufen, wenn Mr. Market sie dir zu Spott-Preisen unter ihrem Wert anbietet und Aktien zu verkaufen, wenn er dir das Geld hinterherwirft? Ein Träumchen für jeden Investor. Die restliche Zeit kannst du einfach den lieben Mr. Market ignorieren und das Leben genießen. In dem Fall ist Mr. Market dein Diener.

Aber es kann auch anders laufen. Denn emotionale Investoren, also der Großteil aller Investoren, und Spekulanten, nutzen Mr. Market als Investitionsberater und vergessen dabei seine unberechenbare Irrationalität. Sehen sie, dass er einen niedrigen Preis für eine Aktie setzt, dann können sie nicht schnell genug ihre Aktien loswerden und vergessen ihre eigene Einschätzung. Sehen sie hingegen, dass er seine Preise erhöht, vertrauen sie ihm und kaufen zu hohen Preisen, als würde Mr. Market mehr wissen als sie. Sie kaufen also Aktien, wenn sie teuer sind und verkaufen Aktien, wenn sie günstig sind. Ist leider nicht die beste Strategie, um sich nachhaltig ein Vermögen aufzubauen. In dem Fall ist Mr. Market ihr Meister.

Erkennst du Mr. Market jetzt? 

Mr. Market ist nichts anderes als die Gesamtheit aller Teilnehmer am Aktienmarkt, die nicht oft auf Basis von Investitionsgrundsätzen handeln. Benjamin Graham hatte Mr. Market erfunden, um das teils absurde Marktverhalten einfach zu veranschaulichen. Noch heute ist der Markt von Angst und Gier getrieben. Normalerweise würde jeder Mensch darauf bestehen, über sein eigenes Wohlbefinden selbst zu entscheiden. Doch bei finanziellen Angelegenheiten vergessen viele schnell ihre Entscheidungsfreiheit und folgen stattdessen Mr. Markets extremen Launen. Dabei kann jeder Anleger selbst entscheiden, ob er Mr. Market folgen will oder nicht. Mr. Market als Diener ist ein Schöpfer von Gelegenheiten. Mr. Market als Meister kann dich um ein Vermögen bringen. Nutze Mr. Market als deinen Diener anstatt als deinen Meister. 

Schauen wir uns das Ganze in einem Beispiel an. 

Sandra folgt unwissend Mr. Market als Investitionsberater. Seine täglichen Preisschwankungen haben einen großen Einfluss darauf, was sie über die jeweiligen Aktien denkt. Die Aktie „Spielstop“ ist aktuell das Thema Nummer 1 bei ihren Freunden und in den Medien. In ihrer Recherche bemerkt sie einen kürzlich starken Preisanstieg der Aktie. Sie fängt an, täglich den Preis zu checken. In den nächsten Wochen klettert der Preis weiter nach oben. Ihre Freunde erzählen mit wie viel sie schon im Plus sind. Vermehrt versuchen die Medien zu erklären, warum sich ein Kauf jetzt lohnt. Sandra bekommt das Gefühl, dass sie etwas Großes verpassen könnte und beschließt, Spielstop zu kaufen. Auch danach steigt der Preis weiter, sie fühlt sich euphorisch und kauft nach. Doch eines Tages macht ein bekannter Investor einen abfälligen Kommentar zu Spielstop und der Kurs bricht ein. Auch wenn der Kurseinbruch weh tut, hält Sandra die Aktien und hofft, dass es bald wieder nach oben geht. Nach einer Weile wetten mehrere Hedgefonds auf sinkende Kurse. Vermehrt versuchen die Medien zu erklären, warum man die Aktien jetzt verkaufen sollte. Der Preis fällt weiter. Nun packt Sandra die Angst, noch mehr Geld zu verlieren und beschließt, die Aktien lieber schnell zu dem niedrigen Preis zu verkaufen. Kurz zusammengefasst: Sandra hat Spielstop zu einem hohen Preis gekauft und zu einem niedrigen Preis wieder verkauft. Mr. Market als Meister hat ihr einen erheblichen Verlust beschert.

Auf der anderen Seite haben wir Value-Investor Ben, dem die wechselhaften Launen von Mr. Market bewusst sind. Ben wurde auf den jüngst starken Preisabfall des Unternehmens „ChipPro“ aufmerksam. Er schaut sich ChipPro im Detail an und stellt fest, dass das Unternehmen qualitativ und quantitativ stark aufgestellt ist. Denn ChipPro ist gesund gewachsen. Es konnte nur nicht die ambitionierten Prognosen der Analysten erfüllen und wurde dafür am Markt bestraft. Der intrinsische Wert von ChipPro liegt mit einer saftigen Sicherheitsmarge unter dem Preis. Er investiert gutes Geld in ChipPro. Nach dem Kauf fällt der Preis weiter und Ben kommen gelegentlich Zweifeln auf. Seine Freunde fragen sich, warum er ChipPro überhaupt gekauft hatte. Doch Ben bleibt stark und erinnert sich daran, langfristig zu denken und sich nicht Mr. Market zu unterstellen. Die Fundamentalwerte und das Geschäftsmodell bleiben unverändert stark. Er kauft günstig nach. Nach einer Weile zahlt sich seine Geduld aus. ChipPros Geschäft ist gesund weitergewachsen und verdient durch kluge Reinvestitionen noch mehr Geld für die Aktionäre. ChipPro gerät nun vermehrt positiv in den Medien. Analysten ändern ihre Empfehlung von Verkaufen auf Kaufen, was den Preis stark antreibt. Bald steigt der Preis so weit an, sodass ChipPro aus Bens Sicht zu hoch bewertet ist. Da er gerade eine neue Investitionsgelegenheit gefunden hat, beschließt er ChipPro zu dem hohen Preis zu verkaufen und das Geld dafür zu nutzen. Kurz zusammengefasst: Ben hat ChipPro zu einem niedrigen Preis gekauft und zu einem hohen Preis wieder verkauft. Mr. Market als sein Diener hat ihm ein gutes Vermögen beschert.

Findest du dich auf Sandras oder auf Bens Seite wieder? Je länger der Markt steigt, desto selbstsicherer und unfehlbarer fühlt man sich. Man ist davon überzeugt, dass es nur nach oben gehen kann. Doch ein steigender Aktienpreis garantiert weder, dass es beim darunterliegenden Unternehmen ebenso gut läuft, noch dass der Preissprung und die Steigerung des intrinsischen Wertes im Gleichschritt sind. Eines Tages muss die reale Produktivität des Unternehmens die Markterwartungen erfüllen. Gelingt es nicht, schickt Mr. Market die Preise in den Keller. Das wäre in der Geschichte nichts Neues. Sei es bei der Dotcom-Blase oder bei der Immobilien-Blase, Mr. Market reißt jedes Mal die meisten Marktteilnehmer mit sich. Jedes Mal ist man davon überzeugt, dass es dieses Mal anders ist als beim letzten Mal. 

Nutze Mr. Market daher lieber als Diener anstatt als Meister.