Die wichtigsten drei Wörter beim Investieren: Margin of Safety
Als Value Investor hast du das Unternehmen hinter deiner potenziellen Investition fleißig und ausgiebig studiert. Aus den gewonnenen Informationen hast du dann den intrinsischen Wert des Unternehmens abgeschätzt.
Was nun? Einfach kaufen? Halt, Stopp! Du weißt zwar jetzt, wie viel das Unternehmen wert ist, aber ob du zuschlagen solltest, hängt von dem Preis ab. Kein Unternehmen dieser Welt, egal wie großartig, hat einen unendlichen Preis. Für den Value Investor ist es vor allem wichtig, dass der Preis deutlich geringer ist, als der intrinsische Wert, damit er eine ausreichende Margin of Safety hat.
Was ist die Margin of Safety?
Die Margin of Safety, auch Sicherheitsmarge genannt, ist die Differenz zwischen dem intrinsischen Wert eines Unternehmens und dem Kaufpreis. Der intrinsische Wert oder auch innerer Wert genannt, muss also größer sein als der gezahlte Preis. Für einen Value Investor muss jede Investition eine ausreichende Sicherheitsmarge haben – es reicht nicht aus, zum fairen Preis zu kaufen. Warum ist das so?
Wer eine Aktie ohne Sicherheitsmarge kauft, erhöht das Risiko und damit den spekulativen Anteil von seinem Kauf. Eine signifikante Sicherheitsmarge dient als Sicherheitspuffer für unerwartete Ereignisse und erhöht zusätzlich sogar die Chancen auf hohe Renditen. Ein vernünftiger Mensch würde auch nicht über eine Brücke, die maximal 10 Tonnen tragen kann, mit einem 10-Tonner-LKW fahren. Beim Investieren ist es nicht anders.
Denn egal wie gut du ein Unternehmen analysiert hast, auch als vernünftiger Investor ist man nicht vor menschlichen Fehlern, Pech und extremer Volatilität in unserer komplexen und dynamischen Welt geschützt. Es kann sein, dass du den heutigen intrinsischen Wert falsch eingeschätzt hast oder er sich durch neue Gegebenheiten des Unternehmens oder der Industrie plötzlich geändert hat. Aus dem Grund solltest du kein Interesse haben, 1€ für 1€ an inneren Wert zu zahlen. Mit der Sicherheitsmarge schützt du dich vor solchen Ereignissen.
Aus unserer Videofolge zum intrinsischen Wert eines Unternehmens weißt du, dass seine Berechnung mehr eine Kunst als eine Wissenschaft ist. Der intrinsische Wert als eine Schätzung bringt eine gewisse Ungenauigkeit mit sich. Doch hier greift die Sicherheitsmarge und sorgt dafür, dass du einen Puffer hast. Je größer sie ist, desto offensichtlicher, dass du mehr für dein Geld bekommst, und vernachlässigbarer die Ungenauigkeit in deiner Schätzung.
Zusätzlich dazu erhöhst du die Chancen auf außerordentliche Renditen. Deine Rendite hängt von dem gezahlten Preis ab. Und je geringer der Preis– was bei einer großen Sicherheitsmarge der Fall ist – desto größer deine Rendite. Und wenn der innere Wert doch höher ist als gedacht, wird deine Rendite noch größer. Happy you.
Jetzt fragst du dich bestimmt: Wie groß muss die Sicherheitsmarge sein? Ihre Größe ist je nach Investor unterschiedlich. Es kommt darauf an, wie gut du die ungeplanten negativen Ereignisse wegstecken kannst. Wie viel Pech kannst du verkraften? Wie groß ist deine Fehlertoleranz? Wie viel Volatilität im Unternehmen kannst du akzeptieren? Wie viel kannst du dir am Ende leisten, zu verlieren? Die Antworten auf diese Fragen können dir eine Tendenz geben.
Betrachten wir ein vereinfachtes Beispiel, um die Sicherheitsmarge in Aktion zu sehen.
Wir haben zwei Freunde Mina und Henry. Mina hat Unternehmen A zum Preis von 70€ gekauft, Henry hat Unternehmen B für 100€ gekauft. Beide Unternehmen haben heute einen intrinsischen Wert von 100€ und generieren einen Geldstrom von 10€ pro Jahr. Somit hat Mina eine Sicherheitsmarge von 30€. Henry dagegen hat keine Sicherheitsmarge. Minas erwartete jährliche Rendite ist ca. 14%, also mehr als die 10% von Henry.
Einiges an Zeit vergeht und es stellt sich heraus, dass der intrinsischer Wert beider Unternehmen doch nur 90€ beträgt aufgrund neuer, unerwarteter Regularien in den Industrien. Wie greift die Sicherheitsmarge?
Trotz Korrektur hat Mina aufgrund der 30-prozentigen Sicherheitsmarge 20€ weniger für ihr Unternehmen gezahlt, als es wert ist. Henry dagegen hatte keine Sicherheitsmarge eingebaut und hat bei dem neuen inneren Wert sogar 10€ über dem Unternehmenswert gezahlt.
Du siehst, die Sicherheitsmarge hat bei Mina dafür gesorgt, dass sie trotz neuer Umstände, noch immer nicht zu viel für ihr Unternehmen gezahlt hat und trotzdem noch eine hohe Rendite hat. Henry allerdings hat ohne Sicherheitsmarge zu viel für das Unternehmen gezahlt und eine schlechtere Rendite erzielt.
Die Sicherheitsmarge ist wahrscheinlich der wichtigste Grundsatz für den Erfolg im Value Investing. Sie gibt dem Investor Schutz und erhöht seine Chancen auf außerordentliche Renditen. Deswegen zahlt er lieber nur 50 Cent für 1€ an Wert. Klar, einen 100% Schutz vor Verlusten gibt es nicht, aber du kannst ihn mit der Sicherheitsmarge nochmal signifikant erhöhen. Mit ihr minimiert der Value Investor weiter sein Risiko und akzeptiert, dass er nicht immer richtig liegen kann und dass nicht alles in seiner eigenen Hand liegt. In diesem Sinne: Safety first.